Same procedure …

Beobachtungen im FitnessstudioBeobachtungen im Fitnessstudio

“Same procedure as last year? Same procedure as every year!” Wer erinnert sich nicht an die berühmtesten Sätze im Dialog zwischen Miss Sophie und ihrem treuen Butler James beim traditionellen Silvester-Sketch „Dinner for One“.

Während Miss Sophie seit 60 Jahren ihren 90. Geburtstag immer nach gleichem Ritual im deutschen Fernsehen feiert, strömen zum 1. Januar Tausende durch Neujahsrvorsätze motivierte Menschen in die Fitnessstudios – frei nach der Kampagne des Deutschen Olympischen Sportbundes aus dem Jahr 2003 „Ene mene meck – der Speck ist weg.” Während damals die Jüngeren unter uns mit der Botschaft „Kinder, die Sport treiben, werden nicht dick.“ zur Bewegung motiviert werden sollten, gehen die Älteren (meist) freiwillig ins Gym, um schlanker, fitter, muskulöser und/oder stärker zu werden. Auf der Suche nach dem persönlichen Wunschgewicht und dem perfekten Traumkörper werden Gewichte gestemmt, Kettlebells geschwungen, Treppenstufen erklommen, Kilometer um Kilometer gelaufen, geradelt und gerudert, Kurse absolviert und Erfahrungen im Functional Training gesammelt. So weit, so gut!

Keep going Doch mit der Zeit bleibt bei zahlreichen Mitstreitern in der Muckibude der Elan auf der Strecke. Meistens dann, wenn sich auf die Schnelle – für sehr viele innerhalb von wenigen Wochen – keine sichtbaren Erfolge einstellen. Dann entscheiden Disziplin und Wille über Erfolg und Aufgeben! Intrinsisch motivierte Ziele, die einem sehr viel bedeuten, werden in dieser Phase nur mit Entschlossenheit und Konsistenz erreicht. Durchziehen ist angesagt! Ist jene kritische Hürde überwunden, wird der regelmäßige Gang ins Fitnessstudio zur Routine und aus K(r)ampf sehr schnell Leidenschaft. Kobe Bryant, die leider viel zu früh tödlich verunglückte Basketball-Legende bringt es auf den Punkt: „You gotta get focused. Tunnel vision. Only if you are focused on what you gotta do, you will be there, you wanna be. So y’all gotta have, is a game plan.“ Und mit genau diesem (veränderten neuen) Mindset stellen sich dann auch die gewünschten Veränderungen ein. Keep going! Mission completed!

Querschnitt unserer Gesellschaft

Seit 1997 gehe ich regelmäßig unregelmäßig ins Fitnessstudio. Natürlich sind qualitative Unterschiede bei den Räumlichkeiten und der Ausstattung der Trainingsbereiche inklusive Kursangebot sowie der Wellness-Area und dem Personal Training nicht zu übersehen. Eines hat sich über die Jahre jedoch nicht verändert: die Gewichte stemmenden und (meist) bewegungshungrigen Mitglieder. Von Disco-Ken bis Plastik-Barbie, vom Schichtarbeiter bis zum Vorstandsmitglied, ob sportlich oder unsportlich, hübsch oder hässlich – was natürlich im Auge des Betrachters liegt –, klein und groß, schlank und korpulent, tätowiert oder auch nicht, im Gym tummelt sich das ganze Kaleidoskop unserer Gesellschaft, inklusive Unterwelt. Alle sind gleich … aber sind sie das wirklich?

Beobachtungen

Auf dem ersten Blick … ja. Neulinge haben meist das Gefühl, dass alle anderen um Lichtjahre fitter sind, sie selbst als solche erkannt und von oben bis unten abgecheckt werden. Erst mit der Zeit fallen den regelmäßig Trainierenden (und geübten Beobachtern) die kleinen und großen Unterschiede auf. Chickenleg-Fred, Bizeps-Gerd, Rücken-Jürgen, Schulter-Uwe, Booty-Mandy und Oberschenkel-Elke beispielsweise setzten in den vergangenen Wochen und Monaten andere Trainingsschwerpunkte als diejenigen, die ein Ganzkörperprogramm für einen gleichmäßig definierten Körper mit passendem Muskeltonus bevorzugen. Auch wenn ich persönlich eher zum Team Ganzkörper gehöre, gebe ich zu: I don’t give a fuck. Und das gilt im Übrigen auch für den Style der Sportbekleidung. Baggy oder tight? Völlig egal, denn das entscheidet ein jeder für sich: Sein Körper. Seine Kleidung. Seine Entscheidung. Keine Rechtfertigung. Hauptsache sie fühlen sich wohl, bewegen sich und trainieren für ihre Sache.

Störfaktoren

Was mich jedoch schon immer ärgert und stört, ist, wenn die vermeintlich richtig harten Eisenbieger von der ersten Wiederholung an bis zum Satzende lautstark stöhnen, wie einst die Tennisspielerin Monica Seles bei ihren druckvollen Schlägen. Und abschließend mit der letzten Pressatmung das gesamte Gewicht lautstark runterknallen lassen. Muss man wirklich jedem hörbar zeigen, wie stark man ist und wie sehr man sich anstrengt? Wohl eher mangelndes Selbstwertgefühl und fehlende Aufmerksamkeit, gilt im Übrigen auch für die Experten, die beim Verlassen eines Gerätes das Gewicht „heimlich“ auf Maximum stellen. Schindet schließlich Eindruck, auf dem ersten Blick zumindest!

Das schlimmste Übel im Fitnessstudio ist für mich jedoch das Smartphone, ohne das viele Menschen wohl nicht mehr trainieren können. Anstatt Körper und Geist zwischen den Sätzen eine kurze Auszeit zu gönnen, wird geschrieben, telefoniert, abgehört, gescrollt und natürlich vorm Spiegel medial gepost. Vor lauter Statusupdates vernachlässigen sie nicht nur ihr Training, sie blockieren auch die Geräte. Mir persönlich sind dann doch die Athleten lieber, die jeden einzelnen Satz akribisch in ihrem Trainingstagebuch dokumentieren, mit dem Kugelschreiber.

Apropos Smartphone:  Die besten Stories im Gym laufen definitiv nicht auf Instagram, im Gegenteil, das beste Entertainment bietet die eingangs aufgeführte Klientel selbst, ich erinnere da nur an Chickenleg-Fred und Booty-Mandy.