Unmittelbar nach dem Ironman auf Big Island zieht es die meisten Triathleten nach Maui, um sich am weißen Sandstrand unter der wärmenden Südseesonne und schönen Palmen von den Strapazen des letzten Samstags zu erholen. Oahu hingegen steht bei den wenigsten Sportlern auf der Agenda.
Zu überlaufen, zu busy, zu viele Hochhäuser und und und, höre ich immer wieder als Begründung, warum die Hauptinsel meistens gemieden wird. Aber ist dem wirklich so? Ich wollte es wissen und verbrachte dort auf meiner Weiterreise nach Tokyo 40 Stunden!
Diamond Head
Mein perfekter Tag beginnt in Waikiki am Kapiolani Park. Früh morgens um 6.30 Uhr möchte ich einen Teil der legendären Marathonstrecke entlang des Diamond Heads laufend erkunden. Der Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Zoos ist zu diesem Zeitpunkt schon gerammelt voll. Viele Einheimische nutzen die ersten Stunden des Tages, um vor der Arbeit auf ihrem Surfbrett DIE Welle zu bewältigen. Es ist schon ein surreales Bild, wenn das Straßenbild zu einer unmenschlichen Uhrzeit von sportlichen Menschen geprägt ist: die einen tragen ihr Surfbrett zum warmen Pazifik, die anderen laufen durch den Park oder entlang der Promenade in Richtung Diamond Head. Ich entscheide mich für Letzteres, laufe auf der gleichnamigen Diamond Head Road, die viele herrliche Ausblicke auf die Küste und ihre Surfer bietet, bis auf die Rückseite des erloschenen Vulkans. Anstatt das Wahrzeichen Waikikis zu umrunden, mache ich einen Abstecher in den Krater, um nach dem knapp eineinhalb Kilometer langen Trail und zahlreichen Treppenstufen vom Lookout den herrlichen Blick auf Honolulu und Waikiki zu genießen.
Waimanalo Bay
Nach dem sportlichen Aufgalopp und einem leichten Frühstück fahre ich mit dem Mietwagen auf den Spuren des allerersten Ironmans in Richtung Osten, zur Hanauma Bay. Da mir die berühmte Schnorchelbucht dann doch viel zu überlaufen ist und Elvis auch nicht dort sein soll, zieht es mich ich auf dem Highway 72 – entlang des Sandy Beach Park mit seinen nicht zu unterschätzenden Wellen – weiter in Richtung Waimanalo Bay.
Nicht zu unrecht wird dieses Fleckchen Sand alljährlich in die Liste der schönsten Strände der USA gewählt. Die im Internet gefundene Beschreibung „jaw-dropping dead gorgeous, with turquoise blue waters and miles of some of the softest white sand“ (Quelle) trifft definitiv zu, auch wenn im Vergleich zu meinem allerersten Besuch vor über 20 Jahren weitaus mehr Plastik und sonstiger Unrat herumliegt. An diesem Montag ist es dort menschenleer, nach den turbulenten Stunden auf der Nachbarinsel ein wahrer Genuß, Seele und Beine baumeln und die Zeit verstreichen zu lassen.
Valley of the Temples | Punchbowl Krater
Anstatt an der North Shore den Surfern zuzusehen, besuche ich das von Waimanalo nur wenige Meilen entfernte Valley of the Temples. Allein die Zufahrt durch den großzügig angelegten Friedhof ist schon einen Abstecher und einen morbiden Gedanken wert: and when I die, this could be a place for the final rest. Die Anlage selbst beherbergt mehrere Gotteshäuser unterschiedlicher Religionen, inklusive eines Nachbaus des japanisch buddhistischen Tempels Byōdō-in. Eine Oase der Ruhe, in der es definitiv mehr Kois als Touristen gibt.
Nach einem nachdenklichen Rundgang fahre ich über den Pali Drive und quer durch das Inselgebirge zurück nach Honolulu, direkt zum Punchbowl Krater, in dem sich der „National Memorial Cemetery of the Pacific“ befindet. Auch wenn Soldatenfriedhöfe – jeder in einer kriegerischen Auseinandersetzung gefallene Mensch ist überflüssig – nicht wirklich mein Ding sind, so hat mich diese perfekt in die Landschaft integrierte Anlage sehr bewegt. Die hawaiianische Bedeutung „Hügel des Ablegens“ könnte für die dort über 35.000 bestatteten Toten keinen besseren Namen haben.
Tantalus Drive
Das letzte Highlight meines perfekten Tages beginnt in unmittelbarer Nähe der Gedenkstätte: der Tantalus Drive, eine kurvige Straße hoch über Honolulu mit vielen einmaligen Ausblicken auf die Hauptstadt, Waikiki und den Diamond Head. Einfach atemberaubend. Ein absolutes „must do“ für jeden Oahu-Besucher, und noch schöner bei einem farbenfrohen Südesee-Sonnenuntergang!
Fazit
Oahu bietet weitaus mehr als die typischen Klischees einer überlaufenen Touristenhochburg und braucht sich mit ihrem Charme und den vielen Sehenswürdigkeiten vor den anderen Inseln des Südseearchipels definitiv nicht verstecken. Ich gebe zu, zum Abschluss meines abwechslungsreichen Tages konnte ich mich dann doch nicht dem Gewusel der Kalakaua, der Flanier- und Einkaufsmeile Waikikis, entziehen.