Erlebnisse im Urlaubsshuttle

Über den WolkenÜber den Wolken

Endlich Urlaub. Sommer. Sonne. Sonnenschein. Palmen. Endlose Sandstrände. Einsame Wanderwege. Entspannung pur. Maximale Action. Spaß. Party. Chillen. Die schönste Zeit des Jahres bietet abseits der eigenen vier Wände Jung und Alt eintausend und eine Möglichkeit die arbeitsfreien Tage im Kreis der Familie, mit Freunden oder auch ganz alleine zu verbringen. Wäre da nicht die erste Hürde zu nehmen, die Anreise!

An dieser Stelle möchte ich jedoch nicht auf die alljährlichen Dramen eingehen, die sich in den Autos auf den vollgestopften Autobahnen Europas abspielen, stattdessen beschreibe ich eine frühere Reise mit dem Urlaubsflieger auf des Deutschen liebste Insel, nach Mallorca.

Hätte. Wäre. Wenn.

Nach einem reibungslosen Check-in in den frühen Morgenstunden rollte der vollbesetzte Düsenjet planmäßig um kurz vor 6 Uhr zur Startbahn West des Frankfurter Flughafens. Die Passagiere verhielten sich – der sehr frühen Uhrzeit geschuldet – entsprechend ruhig und wortkarg. Eigentlich ziemlich ungewöhnlich für einen Flug in die Ferien. Bereits das Einsteigen mit dem Aufruf nach den verschiedenen Kategorien verlief ohne das sonst übliche „unbeabsichtigte“ Vordrängeln. An diesem Tag waren die 12-Jährigen für ihre Eltern tatsächliche keine Kleinkinder mehr, und auch die Frührentner in den Endfünfzigern bestanden nicht darauf, zum alten Eisen zu gehören beziehungsweise beim Einsteigen Hilfe zu benötigen. Es hätte alles so schön werden können, wäre beim Beschleunigen des Flugzeuges nach wenigen Metern auf der rechten Seite nicht dieser laut hörbare Knall gewesen. Das definitiv „ungesunde“ und nicht geplante Geräusch verursachte während des unmittelbar eingeleiteten Startabbruchs – sprich Vollbremsung – glücklicherweise keine Massenpanik. Aber auf einmal – im wahrsten Sinne des Wortes – waren auch die ganz müden und ruhigen Passagiere von jetzt auf gleich hellwach und äußerst redselig und mitteilungsbedürftig. Beim Zurückrollen an das Terminal informierte der Pilot kurz und knapp über die Ursache: Verdacht auf Vogelschlag im Triebwerk! Kleine Ursache, große Wirkung.

Die zwei Stunden Wartezeit bis zur Bereitstellung eines Ersatzflugzeuges vergingen wie im Flug. Dafür sorgte nicht nur der von der Fluggesellschaft spendierte kostenlose Kaffeeausschank, sondern auch die emotionalen Diskussionen über den „Beinaheabsturz“! In der Tat, dieses Wort hörte ich nicht nur einmal. Mit der Ruhe war es also endgültig vorbei! Erschwerend hinzu kam noch, dass sich ein Enddreißigerinnen-Kegelclub mit einer Ballermanngruppe verbündete, den Schock lautstark mit alkoholischen Getränken unterschiedlichster Art herunterspülten und in der Folgezeit sämtliche Klischees bedienten. Glücklicherweise wurden keine Partyhits angestimmt.

Gestatten? Vollschnösel!

Beim Einsteigen hatte ich zum zweiten Mal das Glück als einer der ersten an Bord gehen zu dürfen. Von der letzten Reihe aus beobachtete ich das Schauspiel des Beladens der Ablagefächer. Da war zum Beispiel das vornehme ältere Ehepaar, gut gekleidet, Kostüm, Anzug, Passagiere wie man sie sich nur wünschen kann. Er legte die Einkaufstüte des Duty-free-Shops vorsichtig an den äußersten Rand des Ablagefaches, faltete sein Sakko und verstaute es gemeinsam mit dem eleganten Seidenumhang seiner Frau fachgerecht daneben. Soweit so gut, wäre da nicht der Geschäftsreisende gewesen, der ohne genau hinzuschauen – schließlich schien er ja noch ein ziemlich wichtiges Telefonat zu führen – seinen übergroßen Kabinenkoffer mit Schmackes genau dorthin beförderte, wo Sakko und Co. lagen. Zu guter Letzt drückte der Vollschnösel noch seinen Humphrey Bogart-Trenchcoat in die kleine freie Lücke, die die Einkaufstüte noch hergab. Den Gesichtsausdruck des älteren Ehepaares nach der Landung beim Anblick ihrer zerknitterten Jacken und der eingedrückten Mitbringsel aus dem Duty-free-Shop werde ich definitiv nicht vergessen. Bei den weichen Schulnoten hätten nicht nur sie ihrem Mitreisenden in Punkto Rücksicht und Benimm definitiv ein „mangelhaft“ verpasst. Und bei etwaigen Rückfragen hätte diese ohne zu zögern auf ein „ungenügend“ herabgesetzt werden müssen.

Lautstarke Erinnerungen

Kaum in Palma de Mallorca angekommen, befand ich mich auch schon am Shuttle-Bus des Reiseveranstalters zum gebuchten Hotel. Nachdem alle Gäste aufgrund der herrlich warmen Temperaturen draußen auf die Abfahrt warteten und sich die Zeit mit lachenden Sonnenselfies verkürzten, die natürlich sofort gepostet wurden, drehten sich im Bus die für meine Verhältnisse bewusst sehr laut geführten Gespräche ausschließlich um bereits Erlebtes: Erinnerst du dich noch? Das Restaurant da drüben war echt gut! Hier hast du dir die Haare schneiden lassen! Endlich ist die Bauruine weg! Wie heisst noch mal der Berg dahinten? Also, in dem Schuppen möchte ich aber nicht wohnen! Schade, den Souvenirladen an der Ecke gibt es gar nicht mehr! Dieses Jahr müssen wir uns unbedingt wieder ein Rad ausleihen!

Mallorca
Mallorca

Ich wurde das Gefühl nicht los, jeder MUSSTE einfach irgendetwas zum Besten geben und zeigen, dass er schon mal auf Mallorca war. Für jemanden wie mich, der sich zum ersten Mal auf der Baleareninsel befand, war dies Fluch und Segen zugleich. Auf der einstündigen Fahrt in den Norden der Insel erfuhr ich alles über die hiesigen do’s und don’t’s. Den eigens für diesen Aufenthalt zugelegten Reiseführer mit Insider-Informationen hätte ich getrost zu Hause lassen können, meine Mitreisenden übernahmen diesen Service bereitwillig freiwillig und kostenlos.